Das Dokumentarische. Exzess und Entzug
DFG-Graduiertenkolleg 2132
Das an der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität Bochum angesiedelte Graduiertenkolleg Das Dokumentarische. Exzess und Entzug untersucht die Theorie und Geschichte dokumentarischer Formen von der Entstehung technischer Analogmedien im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart digitaler Medienpraktiken. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche Operationen es sind, die die spezifische Autorität des Dokumentarischen verbürgen und mit welchen Verfahren es gelingt, den Wirklichkeitsanspruch dokumentarischer Formen zu bestreiten. Aus einer praxeologischen Perspektive geraten dabei vor allem die konkreten Handlungen in den Blick, die die jeweiligen bild-, text- und tonmedialen Elemente und Materialien zu einer bestimmten dokumentarischen Form zusammenführen, um so die Lesbarkeit, den Aussagewert und die Machtwirkungen des Dokumentierten zu steuern.
Exzellente Promovierende erforschen, wie es Literatur, Fotografie, Film und digitalen Medien jeweils gelingt, zu dokumentarischen Leitmedien aufzusteigen und wie dieser dokumentarische Anspruch auf Wirklichkeitserfassung zugleich auch unterlaufen und in Frage gestellt wird. Zwei Konzepte stehen sich dabei gegenüber: Das Dokumentarische 2.0 in den Social Media-Praktiken, mit denen Menschen ihren Alltag umfassend dokumentieren, und das Dokumentarische zweiter Ordnung, das man auch ein reflexives Dokumentieren nennen könnte. Der dokumentarische Exzess trifft auf Formen und Modi des dokumentarischen Entzugs, die die unvermeidliche Selektivität allen Dokumentierens exponieren, seine blinden Flecken, aber auch seine experimentellen Formen und künstlerischen Verfremdungen. Die Erforschung dieses Spannungsverhältnisses geschieht in den vier Arbeitsbereichen „Formengeschichte und Theoriebildung des Dokumentarischen“, „Medien-Poetiken des Dokumentarischen“, „Selbstdokumentation und Affektkulturen“ sowie „Techno-Politiken des Dokumentarischen“.
Das Kolleg nahm seine Arbeit am 1. Oktober 2016 auf und befindet sich mittlerweile in der zweiten Förderphase. Ausgeschrieben wurden seitdem 24 Promotionsstellen sowie zwei Postdoc-Stellen. Außerdem sind weitere Doktorand_innen mit anderweitiger Finanzierung assoziiert. Integriert sind zudem auch besonders qualifizierte Masterstudierende. Zu den internationalen Kooperationspartnern des Graduiertenkollegs gehören die Northwestern University, Chicago, die Keio University Tokyo, die Princeton University sowie die New York University.
Sprecher: Prof. Dr. Friedrich Balke
Stellvertretende Sprecherin: Prof. Dr. Anna Tuschling
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