Dr. Cecilia Preiß

E-Mail: cecilia.preiss@rub.de


Titel der Dissertation

Mit allen Sinnen. Multimodalität in zeitgenössischer Medienkunst


Projektbeschreibung

Längst beschränkt sich Kunstrezeption nicht mehr auf das visuelle Betrachten zweidimensionaler Abbildungen im quasisakralen musealen Raum: Aktuelle Medienkunst an der Schnittfläche von analoger und digitaler Welt duftet und schmeckt, bewegt, berührt und klingt. Indem sich das Dissertationsprojekt der Feststellung widmet, dass zeitgenössische Medienkunst von Multimodalität geprägt ist, widerspricht es zuallererst der verbreiteten Auffassung, dass in virtuellen Räumen Körperlichkeit und die Vielfalt sinnlicher Wahrnehmung an Bedeutung verlören. Vielmehr löst sich Kunst im Rahmen multimodaler Medienkunst vom Objekt, lädt zur sensomotorischen Interaktion ein und konstituiert sich im Umkehrschluss erst mit und am interagierenden Rezipient*innenkörper.

Die Dissertationsschrift geht der Konjunktur der Multimodalität in der Kunst anhand der detaillierten Analyse von vier Fallbeispielen auf den Grund. Es handelt sich jeweils um Virtual- oder Augmented Reality Installationen, welche die Teilnehmer*innen in Naturszenarien versetzen. Mittels entsprechender multimodaler Interfaces, beziehungsweise interaktiver ‚Smart Surfaces‘, ist es den Rezipient*innen möglich, immersiv in die virtuellen Umwelten einzutauchen und mit diesen zu interagieren. Der Forschungsgegenstand setzt sich also aus künstlerischen Arbeiten zusammen, die die Perzeption der Rezipient*innen multimodal reizen, reflektieren und bisweilen um unbekannte Wahrnehmungsmodi oder Sinneskombinationen ergänzen. Ihnen liegt die Hypothese zugrunde, dass die menschliche Ästhetik beschränkt sei und durch den Einsatz entsprechender Technologien aufgebrochen, erweitert und gesteigert werden könne. Über den Moment der Kunstrezeption hinausgehend, wird durch Perspektivwechsel und Sinneserweiterung eine Transformation der Wahrnehmung motiviert. Jener sensorische Perspektivwechsel ruft insbesondere im Fall der digitalen Naturszenarien Fragen der Ko-Existenz und des Mit-Seins auf. Diese gilt es vor dem Hintergrund trans- und posthumanistischer Theorien zu betrachten und ausgehend von dem medientheoretischen Ansatz der Biofiction zu analysieren. Der Begriff der Synästhesie, welcher dem Dissertationsprojekt initial zugrunde lag, kann vor diesem Hintergrund als ein verteiltes syn-ästhetisches Mit-Empfinden erneut furchtbar gemacht werden.

Multimodale künstlerische Arbeiten werden stets prozessual und individuell erlebt – ein Rezeptionsmodus, der die multimodalen Arbeiten eint, welche das Korpus der Dissertation bilden. Dies führt dazu, dass sie sich ihrer Dokumentation in doppeltem Maße entziehen. Wenn nun im musealen Raum lediglich ein Interface als Medium der Kunsterfahrung zurückbleibt, kein Werk wiederholt ausgestellt, erlebt oder archiviert werden kann, so stellt dies für die Institution Kunst und deren Selbstverständnis eine Herausforderung dar. Jenes Phänomen wird vor dem Hintergrund des Dokumentarischen betrachtet. Denn was als Krise des Dokumentarischen in der Kunst bezeichnet werden kann, birgt zugleich Potenziale und resultiert in neuen dokumentarischen Kunstpraktiken. Wie die Projekte, auf deren Analyse die Dissertation beruht, ihre langfristige Sichtbarkeit garantieren und eine entsprechende (wissenschaftliche) Rezeption mitgestalten, ist entsprechend Teil einer Auseinandersetzung mit Multimodalität in zeitgenössischer Medienkunst. Künstlerische Forschung (Artistic Research) ist dabei in zweierlei Hinsicht relevant: Als Selbstverständnis der Künstler*innenpositionen, wie als Methode der Dissertation.


Wissenschaftlicher Werdegang

  • Seit September 2020: Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Hertz-Labor des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe
  • Juli 2020: Verteidigung der Dissertation im Fachbereich Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
  • Oktober 2016 bis April 2020: Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Promotion) am DFG-Graduiertenkolleg ‚Das Dokumentarische. Exzess und Entzug‘, Ruhr-Universität Bochum
  • September 2013 bis September 2016: Masterstudium ‚Medienwissenschaft‘, Ruhr-Universität Bochum
  • Mai 2015 bis Mai 2016: Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Medienwissenschaft an der Professur für Mediengeschichte und Kommunikationstheorie bei Prof. Dr. Stefan Rieger, Ruhr-Universität Bochum
  • September 2009 bis August 2013: Bachelorstudium ‚Literatur-Kunst-Medien‘ und ‚Spanische Studien‘, Universität Konstanz und Università Ca’Foscari, Venedig

Publikationen und Vorträge

  • (In Vorbereitung) Preiß, Cecilia: Kunst mit allen Sinnen. Multimodalität in zeitgenössischer Medienkunst, Bielefeld: transcript (2021)
  • Preiß, Cecilia (2020): Bild im Bild. Vom Kick-Off eines Graduiertenkollegs, in: Marcel Beyer, Friedrich Balke, Natalie Binczek, Maren Haffke und Simon Rothöhler (Hg.): Exzess und Entzug. Ferres vor Gursky, Ferres vor Immendorff. Leipzig: spector.
  • Mit allen Sinnen. Multimodalität in aktueller Medienkunst. Vorlesung im Rahmen der Ringvorlesung Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Das Dokumentarische II“ an der Ruhr-Universität Bochum. (10. Januar 2019)
  • Interfaces im Kontext zeitgenössischer Kunst. Gastvortrag an der HBK Braunschweig, Institut für Medienforschung, im Masterseminar „Kinematographische und virtuelle Interfaces“ von Franziska Wagner. (16.01.2019)
  • Expanding Sensory Perception in Contemporary Media Art. Vortrag im Rahmen der MAGIS International Film Studies Spring School, Università degli Studi di Udine, Italien. (07.03.2018)

Sonstiges

  • Mitglied der Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM)
  • 2014-2017: Co-Leitung des Ensembles ‚Wortörtlich‘ (http://wortörtlich.de), das atmosphärische Alltagsräume literarisch erschließt