Carina Dauven, M.A.

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44789 Bochum
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Titel der Dissertation

Selbst | Einschreibungen. Wissensformanden der Porträtfotografie in polytechnischen Handbüchern und Journalen zur Mitte des 19. Jahrhunderts 


Projektbeschreibung

Die frühe Geschichte der Porträtfotografie ist bisher oft als eine Erfolgsgeschichte singulärer Akteure oder ihrer Kommerzialisierung geschrieben worden: Zufallsfunde, Ursprungsgeschichten und gewerbliche Siegeszüge verschmelzen zu einem Narrativ, das den kunsthistorischen Kanon prägt: die frühe Porträtfotografie wurde von den Männern der ersten Stunde bereits „mitgedacht“ (Daguerre), um dann nach der Berechnung eines geeigneten Porträtobjektivs (Petzval & Voigtländer) eine ungeheure Vielzahl von Porträtateliers hervorzubringen, aus deren schierer Masse sich einige wenige – natürlich künstlerische – Porträtisten hervortun (Nadar), die bestrebt sind, die Fotografie von ihrer Funktion einer „Dienerin der Künste“ zur eigenständigen Kunst zu machen. Abseits dieses gefestigten Narrativs der frühen Porträtfotografie gibt es jedoch ein anderes Porträtwissen, dass sich dort verbirgt, wo selten danach gesucht wird: in polytechnischen Handbüchern und Journalen. In diesen Publikationsformaten wurde seit Veröffentlichung der Fotografie im Jahr 1839 alles publiziert, disseminiert, der Kritik und der Verbesserung ausgesetzt und damit Leser:innen an die Hand gegeben, was man über die fotografischen Verfahren wusste – oder zu wissen meinte. Diese Frühgeschichte der Porträtfotografie ist eine Geschichte derer, die sich über das Scheitern an den neuen technischen Bildgebungsverfahren hinwegsetzen: veröffentlicht werden hier Erkenntnisse, Beweise und Neuerungen, die Fehler ausmerzen, Schwierigkeiten überwinden und die Leser:innenschaft davor bewahren, die gleichen Fehler zu machen. So wird ein erstes Atelierdispositiv erschlossen, eine erste Porträtpraxis in ihren Staffageversatzstücken und Auftrittskonventionen abgewogen und ein erster Kanon an porträtfotografischen Wissensformanden festgeschrieben.

Polytechnische Handbücher und Journale, die vornehmlich in den ersten dreißig Jahren der Fotografie (1839-1869) veröffentlicht worden sind, stellen den Kern meiner Studie dar. In einer diskursanalytischen Aufarbeitung versuche ich mich in einschlägigen Fallstudien daran, die chemisch-technischen, ästhetischen und praxeologischen Wissensformanden der frühen Porträtfotografie aufzuspüren, um den kanonischen Texten zur Porträtfotografie das angewandte Wissen dieser Gebrauchstexte zur Seite zu stellen. Die fotografische / polytechnische Handbuch- und Journalliteratur erlaubt nämlich nicht nur einen Blick in die Genese eines eigenen Diskurses fotografischen Bildwissens, sondern auch in die spezifischen Operationen früher porträtfotografischer Praktiken. Die Porträtfotografie wird in dieser Frühzeit des Mediums durch ihre Anweisungsliteratur erst anwendbar – in ihren Wissensformanden liegt der Schlüssel ihrer Praxis.


Wissenschaftlicher Werdegang

  • seit Oktober 2019: Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Promotion) am DFG-Graduiertenkolleg „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“, Ruhr Universität Bochum
  • 12/2018 bis 09/2019: Vorbereitung eines Promotionsprojektes bei Prof. Dr. Herta Wolf, Abteilung Geschichte und Theorie der Fotografie, Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln
  • 07/2018 bis 09/2019: Wissenschaftliche Mitarbeiterin, August Sander Stiftung, Köln
  • 01/2018 bis 09/2019: Wissenschaftliche Hilfskraft bei Prof. Dr. Thiemo Breyer im Research Lab Transformations of Knowledge der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Universität zu Köln
  • 10/2015 bis 12/2017: Wissenschaftliche Hilfskraft bei Prof. Dr. Herta Wolf, Abteilung Geschichte und Theorie der Fotografie, Kunsthistorisches Institut, Universität zu Köln
  • 10/2014 bis 03/2018: Research-Master Programm, a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Universität zu Köln
  • 04/2014 bis 05/2018: Masterstudium „Kunstgeschichte“ mit dem Schwerpunkt „Geschichte und Theorie der Fotografie“, Universität zu Köln
  • 04/2011 bis 03/2014: Bachelorstudium „Kunstgeschichte, Kulturgutsicherung, Europäische Ethnologie“, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Publikationen

Aufsätze

  • „Porträtieren als angewandte Wissenschaft. Die Porträtfotografie in der Handbuchliteratur von 1839 bis 1869“, in: Herta Wolf (Hg.), Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie, 2018, S. 17 – 26.
  • „Oberfläche – Widerschein – Identitätskonstruktion: Die Auseinandersetzung mit dem spiegelbildlichen Selbst seit dem Fin de Siècle“, in: Blickwechsel. Wahrnehmungsästhetik und Transferpraktiken in der Kunst, Reader des Masterworkshops, Köln 2014, S. 4 – 14.

Rezensionen

  • „Berenice Abbott: Portraits of Modernity“, in: Michael Hall (Hg.) Burlington Magazine, Vol. 162, Nr. 1411, 2020, S. 892-894.
  • „Indizien, Spuren und die Fotografie. Rezension zur Anthologie Wolf, Herta (Hg.), Zeigen und/oder beweisen? Die Fotografie als Kulturtechnik und Medium des Wissens, Berlin u. Boston: De Gruyter 2016 [= Studies in Theory and History of Photography Vol. 7]“, in: Hubert Lochner (Hg.), Rundbrief Fotografie, Vol. 24, Nr. 4, 2017, S. 52 – 54.
  • Werkkommentare zu „Tanz um einen Baum“ und „Die Eulenspieglerin“ von Ulrike Rosenbach, in: Franzen, Brigitte; Dirksen, Jenny, Jonas, Lou, Lowack, Miriam (Hg.): Angesichts der Kamera. Facing the Camera, Videoarchiv 03, Aachen 2015, S. 28 – 31.

Vorträge

  • How to: Portraiture. A New Stance on the Historiography of Photographic Portraiture in Polytechnical Manuals and Journals (1839-1869), Tagung „Photography and History“, Funchal / Online, 15.-17.12.2021
  • L‘archive partagée? , Von Porträtpraxis, polytechnischer Kollaboration und einem zirkulierenden Archiv der frühen Porträtfotografie, Jahrestagung „Wissensökologie“ der Gesellschaft für Medienwissenschaft, Universität Innsbruck, 22.-25.09.2021
  • Von technischen Einschreibungen, instruktiven Gesten und performierten Operationen: Frühe Porträtkonzepte in der fotografischen Handbuch- und Journalliteratur, Ringvorlesung „Das Dokumentarische III. Projekte und Positionen“, Ruhr-Universität Bochum, Sommersemester 2021, 17.06.2021
  • Fotografisches Porträtieren zur Mitte des 19. Jahrhunderts: Selbstdokumentationen zwischen Wissenschaft und Kunst, Vorlesungssitzung in der Vorlesung „Musterbilder und Bildatlanten: Geschichte der Fotografie des 19. Jahrhunderts“ von Prof. Herta Wolf, Kunsthistorisches Institut, Universität zu Köln (WS 2019/20), 31.10.2019
  • Porträtieren als angewandte Wissenschaft: Eine Rekonstruktion des frühen Atelierdispositivs aus der fotografischen Anweisungsliteratur, Vortrag auf der Tagung „Atelierfotografie / Fotografenatelier“, Altenburg, 21.-23.06.2019
  • Von objektbasierten Analysen zum erweiterten Werkverständnis: Eine Materialeigenschaftenstudie der Fotografien August Sanders, Vortrag auf dem XXXV. Deutschen Kunsthistorikertag, Göttingen, 27.-31.03.2019
  • Technical Inscriptons and Instructive Gestures: The Mise-en-scéne of Individuals in early photographic portraiture, Vortrag im PhD-Workshop der Tagung „Gestures and Artifacts. Diachronic perspectives on technique and embodiment“, Köln 28.11.-01.12.2018
  • The Heautoscopic Moment. Embodiments of the Doppelgänger in Modernist Media-Discourses, Vortrag auf der Summerschool „Visual Intersections III“, The Centre for Visual Arts and Culture, Durham (UK), 11.-13.07.2018
  • Heautoskopien in Silbersalz und Wachs. Der Doppelgänger der eigenen Gestalt in der Fotografie (1839-1930), Vortrag auf dem 91. Kunsthistorischen Studierenden Kongress „Vermeintlich Anders“, Leipzig, 24.-27.11.2016
  • Modalitäten des Selbst. Parameter der frühen Porträtfotografie in der Handbuchliteratur der 1840er und 1850er Jahre, Vortrag auf der Tagung „Handbuchwissen. Die Fotografie als angewandte Wissenschaft“, Köln 07.-08.04.2016

Internationale Forschungskolloquien

  • The Centre for Visual Arts and Culture, University of Durham (UK), Internationale Summerschool „Visual Intersections III“, 11.-13.07.2018
  • Deutsches Forum für Kunstgeschichte, Paris, Forschungsatelier „Paris – haut-lieu urbain, institutionnel et artistique de la photographie“, 03.-07.07.2017
  • Eikones, Basel, Summerschool „Realismus in der Kunst und Literatur des 19. Jahrhunderts“, 05.-09.09.2016

Veranstaltungsorganisation

  • Organisation des Abendvortrags von Dr. Roland Meyer „Faces in the Wild. Operative Bildlichkeit und digitale Bildkulturen“ mit anschließendem Workshop, gemeinsam mit Theodor Frisorger, Jana Hecktor und Anna Polze, 08.-09.07.2021
  • Konzeption und Organisation des Online-Workshops „Text\Werk. Lektüreworkshop zu Hito Steyerl“ gemeinsam mit Jan Harms, Philipp Hohmann, Anna Polze, Julia Reich und Jolanda Wessel, Kooperationsveranstaltung mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 14.11.2020

Sonstiges

  • Seit 09/2021 Ehrenamtliche Gutachterin, RUB Research School
  • 09/2019 Herbstkurs „Wissenschaftsfranzösisch und Einführung in die Forschungspraxis in Frankreich“, Deutsches Forum für Kunstgeschichte und Deutsches Historisches Institut, Paris.
  • 11/2017 – 11/2018 Ehrenamtliche Redakteurin und Artist Liaison, Online-Magazin „42 magazine“.
  • 2013 – 2016     Studienbegleitende Praktika im kuratorischen Bereich (Sammlung Fotografie, Museum Ludwig, Köln; Forschungsprojekt Videoarchiv, Ludwig Forum für internationale Kunst, Aachen; Kölnischer Kunstverein) und in der Restaurierung (LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland).