Faces in the Wild. Operative Bildlichkeit und digitale Bildkulturen | Vortrag & Workshop mit Roland Meyer
Am 08./09.07.2021 wird Roland Meyer (BTU Cottbus-Senftenberg) (virtuell) für einen Abendvortrag und Workshop am Graduiertenkolleg zu Gast sein.
Infos zum Vortrag
08.07.2021, 18–20 Uhr [öffentlich via Zoom]
Faces in the Wild, so heißen jene Bilder von Gesichtern in Alltagssituationen, die mittlerweile zur wichtigsten Ressource der automatisierten Gesichtserkennung geworden sind. Setzte man in deren Anfängen noch auf nach strengen Normen eigens angefertigte ›biometrische‹ Porträts, wird die Entwicklung heute, im Zeitalter des Deep Learning, von einer vernetzten digitalen Bildkultur vorangetrieben, die mit der Kopplung von Smartphone und Social Media riesige Mengen von digitalen Gesichtern verfügbar gemacht hat. Jedes Bild, das wir von uns machen und mit anderen teilen, ist so zu einem ›operativen Porträt‹ geworden, das dazu dient, mit anderen Bildern und Daten abgeglichen und verknüpft zu werden. Der Vortrag nimmt diese Diagnose zum Anlass, um nach dem Verhältnis von operativen Bildern und digitaler Bildkultur zu fragen. Denn schon längst lässt sich operative Bildlichkeit nicht mehr auf eine isolierbare Sphäre vermeintlich rein technischer, weitgehend unsichtbarer Bildverarbeitungsprozesse beschränken. Vielmehr, so die These, muss sie als ein Feld verstanden werden, in dem sich Sichtbares und Unsichtbares, menschliche Sehakte und maschinelle Operationen kreuzen – und dabei neue Formen und Formate der Sichtbarkeit hervorbringen.
Infos zum Workshop
09.07.2021, 10–15 Uhr [intern]
Ausgangspunkt des Workshops sind vier Impulsvorträge, die sich mit Fragen der visuellen Raumerschließung und Blickführung beschäftigen. Sie dienen als Ausgangspunkt für weiterführende Diskussionen.
Zeitplan
10-12:00 Uhr: Materialinput & Diskussion zu analogen Bildwelten: Carina Dauven & Theodor Frisorger
12-13:00 Uhr: Mittagspause
13-15:00 Uhr: Materialinput & Diskussion zu gegenwärtigen/digitalen Bildkulturen: Anna Polze & Jana Hecktor
Zu den Materialinputs
Anhand von Grundrisszeichnungen, „Wanderungen durch die Ateliers“ und zwischen Ästhetik und Mechanik aufgespannten Verfahrensbeschreibungen in polytechnischen Handbüchern und Journalen, versucht sich Carina Dauven in ihrem Impulsbeitrag daran, aufzuspüren, ob (und wenn ja, welche) operativen Qualitäten in den porträtfotografischen Operationen der 1840er bis 1860er Jahre auszumachen sind.
Daran anschließend schaut sich Theodor Frisorger fotografische Rundgänge durch Filmstudios an, wie sie im US-amerikanischen Bildmagazin LIFE gerade in der Nachkriegszeit Konjunktur hatten. Hier stellt sich die Frage, wie technisch-soziale Apparate und das Gefüge aus menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren der Filmproduktion ins fotografische Bild gesetzt werden bzw. welche Bildoperationen damit im Zeitschriftendisplay vollzogen werden. Inwieweit kann man bei diesen Studio-Touren von einer filmvermittelnden Operation sprechen und welche Idee „von Film“ wird hier eigentlich für LIFEs Massenpublikum visuell verarbeitet?
Fragen nach der Verbindung von digitaler Bildlichkeit und der Operationalität von animierten Modellen stehen im Fokus von Anna Polzes Impuls. Als Beispiel dient eine Plattform des investigativen Architekturbüros SITU Research, für die eine mit einer virtuellen Kamera durchquerte Modellkulisse genutzt wird, um Video-Footage im urbanen Kontext zu situieren und Details zu identifizieren. Wie fließen hier ein an Architektur als „operatives Gefüge“ (Wolfgang Schäffner) geschultes Verständnis der Modellierung mit digitaler und mit operativer Bildlichkeit in der Blicklenkung von Betrachter:innen zusammen?
Der Input von Jana Hecktor rückt Google Street View und dessen Inhalte in den Fokus. Anhand ausgewählter und repräsentativ gedachter Beispiele sollen zunächst die mit dem Material verbundenen Operationen untersucht und darüber hinaus das Potential für unterschiedlichste Umdeutungen, Aneignungen und Neu-Kontextualisierung des Materials durch unterschiedlichste Projekte und Diskurse in den Blick gerückt werden. Der Blick auf die Gegenstände und Beispiele soll begleitet werden von der Frage ob die Operativität in den digitalen Operationen der Anwendungen, ihrem (un)sichtbaren Wechselspiel mit den medialen Inhalten oder als eine Art Potentialität in den medialen Inhalten selbst liegt.
Datum: VORTRAG 08.07.2021, 18–20 Uhr / WORKSHOP 09.07.2021, 10–15 Uhr
Ort: Zoom
Organisation: Carina Dauven, Jana Hecktor, Anna Polze, Theodor Frisorger
Anmeldung
Der Vortrag am 08. Juli 2021, 18:00 Uhr findet öffentlich via Zoom statt. Interessent:innen melden sich bitte bis zum 07. Juli 2021 formlos per E-Mail unter das-dokumentarische@rub.de an. Der anschließende Workshop am 09. Juli 2021 ist nur für Angehörige des Graduiertenkollegs geöffnet.