Konferenz: 404 Not Found | Call for Papers

Der Call for Papers ist hier abrufbar.

Die Meldung »404 not found« wird immer dann beim Besuch von Websites angezeigt, wenn das, was aufgerufen werden soll, nicht mehr verfügbar ist oder gelöscht wurde. Folglich bezeichnet der HTTP- Statuscode ein sogenanntes dead end, einen Punkt, von dem aus es vermeintlich nicht mehr weiter geht. Dass dieser Code für gewöhnlich als »Fehlermeldung« beschrieben wird, markiert seine Unerwünschtheit. Jenen Zustand der radikalen Unterbrechung, der die Imagination einer allumfassenden Verbindlichkeit des World Wide Web unterläuft, gilt es, wie es scheint, dringlich zu vermeiden und zu beheben.

Dabei lassen sich die Auftritte des »404 not found« nicht nur hinsichtlich ihrer zeitlichen Dimension betrachten, die im Davor und Danach einer überschrittenen Deadline liegt, sondern auch als räumliche An- , Um- und Unordnung, in der sich Inhalte verschoben und Narrative verändert haben. Die Störung der eingeübten, gewohnten Suchbewegung betont auf radikale Weise, wie jener Informationsfluss zuvor noch als ständig erreichbare Quelle angenommen wurde. In dieser Hinsicht wird die Suche selbst zum Dokument für eine mögliche Unverfügbarkeit von Welt.

Mit der Denkfigur des Rhizoms hat sich in den Geisteswissenschaften eine biologisch-vitalistische Metaphorik etabliert, die maßgeblich durch die Idee eines raum-zeitlichen Kontinuums geprägt ist. Während sie folglich abseits der Vorstellung von Anfang und Schluss operiert, dürfen jene Auflösungserscheinungen, die allem Werden inhärent sind, nicht aus dem Blick geraten. Im Angesicht des Ruinösen lassen sich Enden nicht als das begreifen, auf das nichts mehr folgen kann. Vielmehr gilt es, sie, wie im Falle der Meldung »404 not found«, als ein Moment des dokumentarischen Entzugs beschreibbar zu machen, das von mehr oder weniger zuverlässigen Verknüpfungen geprägt ist. In diesem Sinne bedeutet das Dokumentarische eine Beziehungsarbeit, die durchaus scheitern kann.

Mit der dritten Jahrestagung des DFG-Graduiertenkollegs Das Dokumentarische. Exzess und Entzug, die gleichzeitig auch den Abschluss und die bevorstehende Auflösung eines insgesamt neun Jahre lang gewachsenen Forschungszusammenhangs bildet, schlagen wir deshalb vor, das Dokumentarische von seinen Enden her zu denken und den Fokus auf diese medialen und ästhetischen Grenzfiguren dokumentarischer Existenzweisen in den Wissenschaften und den Künsten zu richten. Wenn es der Beobachtungsrahmen selbst ist, der darüber entscheidet, wann ein Prozess als beendet betrachtet werden kann, dann wollen wir uns mit den Begriffen, Praktiken und Politiken beschäftigen, die das Bild formen, das wir uns vom Ende machen.

Mögliche Fragestellungen:

FINAL DESTINATIONS

  • Wie verhalten sich Medien des Dokumentarischen zum Existentiellen, Liminalen, Apokalyptischen und seiner Nicht-Repräsentierbarkeit?
  • Gibt es einen Tod des Dokuments? Lässt sich das Werden eines Dokuments auch in einem degenerativen Sinne denken?
  • Inwiefern ist das Ende zwangsläufig eine Figur der Krise? Was passiert, wenn das Ende ausbleibt?
  • Was ist einfach nicht tot zu kriegen? Ab wann wird ein Ende widerständig? 

LOOSE ENDS

  • Was wird gewaltvoll beendet? Welche Umgänge gibt es mit dem Unterbrochenen, dem Verlorenen, dem Verlorengeglaubten und dem Wiederaufgenommenen?
  • Welche Hoffnungen und Gefahren liegen in dem, was noch nicht zum Ende gebracht wurde? Was kann das Unerledigte, Aufgeschobene und Unfertige, was das Beendete nicht kann?
  • Wie lassen sich Paradigmen des Zyklischen wie Recycling oder Kompostierung mit einem Ende vereinbaren?
  • Müssen wir am Ende aufgeben? Oder müssen wir das Ende aufgeben? 

WHO CARES

  • Welcher Praktiken der Fürsorge, Pflege und Instandhaltung bedarf es, wenn Archive lebendig bleiben sollen? In welchen Zusammenhang stehen Auffindbarkeit und Suchbarkeit zu diesen living archives? Was sind die dead archives der Jetztzeit?
  • Welche Begrenzungen kennzeichnen das Dokumentarische und wo kann es sie leichthin aufheben, um wiederaufzuerstehen? Inwiefern muss das Dokumentarische in Zeiten einer post-truth gerettet oder reanimiert werden?
  • Welche Formen des Dokumentierens haben sich abseits des Archivs etabliert? Was muss für eine Zukunft erhalten und fortgesetzt werden? Woran sollten wir uns dringend erinnern?
  • Wovon trennen wir uns? Was wollen wir vernachlässigen, verhindern, verfallen lassen? Womit machen wir angesichts der Klimakrise Schluss?

Für eine gemeinsame, disziplinübergreifende Diskussion dieser Ansätze freuen wir uns über Beiträge aus den Medien-, Theater-, Literatur-, Kunst-, Kultur-, Musik-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie über praxisorientierte Untersuchungen, Formen von artistic research und künstlerische Formate. Neben wissenschaftlichen Vorträgen ist die Tagung offen für verschiedene Präsentationsformen. Die Tagung wird in englischer Sprache stattfinden.

Es besteht die Möglichkeit zur Übernahme von Reise- und Übernachtungskosten. Eine Teilnahmegebühr fällt nicht an. In Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Familiengerechte Hochschule der Ruhr-Universität Bochum bemühen wir uns nach vorheriger Absprache um die Organisation und Kostenübernahme einer individuellen Kinderbetreuung für die eingeladenen Vortragenden für die Dauer der Tagung. Bitte kontaktieren Sie das Organisationsteam vorab für weitere Informationen.

Für die einzelnen Beiträge ist eine Länge von 15-20 Minuten vorgesehen. Wir bitten um Abstracts mit dem geplanten Titel der Präsentation (max. 1.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) und um eine Kurzbiografie (max. 500 Zeichen inkl. Leerzeichen) per E-Mail an 404notfound-tagung@rub.de. Deadline ist der 15. November 2024.

Organisation und Konzept: Franziska Barth, Lena Demary, Anna Grelik, Anne Hemkendreis, Katharina Król, Anne Küper, Ying Sze Pek, Catherin Persing, Lana Uzarashvili
Konferenzteam: Schaja Aenehsazy, Rose Beermann, Barbara Fromme, Philipp Hohmann, Katharina Menschick, Paulena Müller, Felix Rissel, Lisa Römer, Robin Schrade, Chisa Tanimoto, Amelie Wedel, Maximiliane Wildenhues


Kontakt: 404notfound-tagung@rub.de