Vanessa Klomfaß, M.A.

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44789 Bochum
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Titel der Dissertation

›This is a scrapbook of you + me‹. Dokumentarische Praktiken in multimodaler Literatur. (Arbeitstitel)


Projektbeschreibung

Während das Lesen in der heutigen Zeit zunehmend über elektronische Textlieferanten vollzogen wird, wächst gleichzeitig das Interesse an der Materialität von Buchobjekten und handschriftlichen Aufzeichnungsverfahren (Kramer/Pelz 2013). Entsprechend dieser Gegenbewegung ist in der zeitgenössischen Literaturlandschaft ein Anstieg an Printwerken zu verzeichnen, die ihren Status als Druckwerk ganz deutlich akzentuieren und aus einer spezifischen Kombination literarischer und visueller oder dezidiert materieller Formen bestehen.

Innerhalb der Forschung hat sich für diese Art von literarischen Publikationen unlängst der Terminus ›multimodale Literatur‹ etabliert, der primär auf die Differenz zur ›monomodalen‹, d.h. rein schrift- bzw. wortfixierten, Literatur verweist. Unter ›Multimodalität‹ wird ein »diskursanalytisches und semiotisches Konzept« verstanden, bei dem semiotische, mediale und materielle Modi im Zentrum stehen (Hallet 2008). Es handelt sich somit nicht um ein einheitliches und festumrissenes Genre, sondern vielmehr um ein heterogenes Ensemble variierender Formen (Gibbons 2012). Aufgrund dieser definitorischen Unschärfe ist die Bezeichnung ›Multimodalität‹ jedoch kritisch zu hinterfragen und dient dem Dissertationsprojekt lediglich so lange als Arbeitsbegriff, bis ein präziserer Terminus für die untersuchten Buchwerke gefunden ist.

Obwohl die Integration nonverbaler und nicht-narrativer Elemente in Romane keine Neuheit darstellt, sondern vielmehr auf etablierte literarische Traditionen zurückgeht, liegt die Besonderheit aktueller multimodaler Literatur in der Einbettung einer Vielzahl dokumentarischer Elemente (Hallet 2009). Innerhalb der literaturwissenschaftlichen Forschung kommt den aktuellen Werken bisher jedoch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit zu, was daran liegt, dass Kritikerinnen und Kritiker die medialen und dokumentarischen Besonderheiten als bloße Effekthascherei abtun (Gibbons 2012). Eine solche Pauschalisierung ist jedoch insofern äußerst fragwürdig, als diese Werke ihre Leserinnen und Leser sowohl auf kognitiver als auch auf physischer Ebene enorm fordern können. Die integrierten Artefakte dienen nicht lediglich Illustrationszwecken, sondern werden – auf unterschiedlichen diegetischen Ebenen – als Teile der textuellen Welt inszeniert.

Das Text- und Materialkorpus des Dissertationsprojekts, das im Laufe des Arbeitsprozesses noch erweitert werden soll, setzt sich zunächst aus Nick Bantocks siebenbändigem ›Griffin&Sabine‹-Zyklus (1991-1993, 2001-2003 und 2016), Jonathan Safran Foers ›Extremely Loud and Incredibly Close‹ (2005) und J. J. Abrams’ und Doug Dorsts ›S.‹ (2013) zusammen. In all diesen Werken versuchen die handelnden oder erzählenden Figuren die sie umgebende Welt zu sondieren und ihre Strukturen zu erfassen und nutzen dafür vorgefundene Dokumente oder produzieren bei ihren Recherchen selbst welche. Aus diesem Grunde beschäftigen sie sich nahezu standardmäßig mit Dokumenten und Praktiken des Dokumentierens. Das Dokumentarische wird dabei unter anderem mittels (faksimilierter) Zeitungsauschnitte, Postkarten, Briefe, Handschriften und Fotografien aufgerufen, wobei die paratextuellen Elemente so präsentiert werden, dass sie quasi als eigene Beobachtungen beobachtbar werden (Genette 2001 [1987]). Für die Untersuchung ergeben sich daraus insbesondere folgende Fragen: In welcher Weise treten die einzelnen medialen Formen in wechselseitige Beglaubigungsverhältnisse ein? Durch welche Operationen werden sie mit der ›restlichen‹ Narration verbunden? Wie entstehen dabei die dokumentarischen Effekte? Welche anderen Medien und Technologien sind an der Erzeugung von Wirklichkeitseffekten beteiligt?

Das Forschungsvorhaben lässt sich an der Schnittstelle von Dokumentarischem und Pseudo-Dokumentarischem ansiedeln und negiert bewusst eine klare Abgrenzung zwischen einer »Spähre der ›Bilder des Wirklichen‹« und einer der Imagination (Balke/Fahle 2014). Vielmehr verfolgt es, das Ineinandergreifen und wechselseitige Konstituieren der erwähnten Elemente produktiv zu machen und dabei gleichzeitig einer Reflexion zu unterziehen.


Wissenschaftlicher Werdegang

  • Seit Oktober 2019: Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Promotion) am DFG-Graduiertenkolleg »Das Dokumentarische. Exzess und Entzug«, Ruhr-Universität Bochum
  • 04/2016 bis 02/2019: Masterstudium Komparatistik & Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
  • 10/2012 bis 03/2016: Bachelorstudium Komparatistik & Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
  • 10/2010 bis 09/2013: Bachelorstudium Germanistik & Kultur, Individuum und Gesellschaft, Ruhr-Universität Bochum

Publikationen

  • Wie Postkarten eine Existenz (v)erfassen. Ein medienkomparatistischer Blick auf Nick Bantocks Trilogie ›Griffin & Sabine‹, in: Sprachkunst. Beiträge zur Literaturwissenschaft, Jg. 48, 2017 (Postkarten und Literatur), S. 99-119.

Lehrveranstaltungen

  • Wintersemester 2016/17: Seminar: »Kämpfen – Kochen – Küssen – Männlichkeiten im Fernsehen« (im Rahmen des MA-Projektmoduls Screening the Male), Institut für Medienwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum

Vorträge

  • »›This is a scrapbook of you + me‹. Dokumentarische Praktiken in multimodaler Literatur«, gehalten am 27.08.2019 im Rahmen der Summer Academy Media Philology, Rutgers University, New Jersey.
  • »Wahnsinnig oder von der Muse geküsst? – Ein medienkomparatistischer Blick auf den Protagonisten der Griffin&Sabine-Postkartentrilogie«, gehalten am 30.05.2018 im Rahmen der studentischen Ringvorlesung HERMAION, Ruhr-Universität Bochum.
  • »Nick Bantocks Postkartentrilogie ›Griffin&Sabine‹ – Zur Inszenierung eines literarischen Texts mittels Intertextualität und Intermedialität«, gehalten am 23.07.16 auf der Welttagung der International Comparative Literature Association (ICLA), Universität Wien.

Sonstiges

  • Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (DGAVL)