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Da wo ich losging, wollte ich nicht wieder ankommen – Situiertes Schreiben als Prozess

Ein Schreibworkshop mit Oona Lochner und Isabel Mehl

Die Notwendigkeit zur Situierung sitzt schon im Titel des Graduiertenkollegs. Das Dokumentarische, das klingt dort an, ist nur auf einen sehr flüchtigen Blick objektiv. Tatsächlich steckt im Exzess des Alles-Festhaltens ein affektives, unkontrolliertes, grenzüberschreitendes Moment. Entzug als Gegenbegriff evoziert mit Verfahren der Auswahl und Kontrolle zwar so etwas wie Abwägung und Rationalität, erinnert aber zugleich daran, dass im Auswählen die Macht liegt, Bedeutungen zu lenken und Wissen entweder zu priorisieren oder unzugänglich und unsichtbar zu machen. Das Dokumentarische ist also schon dem GraKo-Titel nach weniger eine Frage der objektiven Aufzeichnung als, mit Donna Haraway gesprochen, der partialen, d.h. der eingeschränkten und interessengeleiteten Perspektiven.

Der Versuch, auf diese Fragen (selbst-)kritische Antworten zu geben, trägt seit Haraways programmatischen Aufsatz das Label Situiertes Wissen. Doch wie gelingt es im akademischen Schreiben mit seinen Konventionen und Machtgefügen, nicht nur für den Forschungsgegenstand, sondern auch für die eigenen Wissens- und Schreibpraktiken Positionalitäten offenzulegen und kritisch zu befragen? Wie mache ich sichtbar – wie mache ich mir überhaupt bewusst, welche Gefühle, welche politischen und persönlichen Motive sich in meinem Rechercheexzess verstricken? Wie denke ich mit, wem ich welches Wissen entziehe? Welchem Wissen ich die Legitimität entziehe? In welcher Beziehung steht meine Situierung zur Auseinandersetzung mit meinem Forschungsgegenstand? Und wie mache ich mein Wissen und meine Praktiken, aber nicht mich als Person angreifbar?

Unser Schreibworkshop eröffnet die Diskussion dieser Fragen ausgehend von Euren Positionspapieren: Alle Teilnehmenden schreiben vor dem Workshop eine halbe Seite darüber, wie sie den Begriff der Situierung verstehen und welche Rolle er in ihrem Forschen und Schreiben spielt. In einem zweiten Teil erproben wir in szenischen Schreibübungen und formalen Experimenten, wie ein situiertes Schreiben im akademischen Kontext konkret aussehen könnte. Wir testen aus, welche Formen uns liegen, welchen Unterschied der Anlass macht, wo es die Stimmen anderer braucht und wo es vielleicht unangenehm oder heikel wird.

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Es wird bis zum 12. Juni um Anmeldung unter folgender Adresse gebeten: fromwhereistand@posteo.de. Die Positionspapiere (eine halbe Seite zum eigenen Begriff der Situierung) sollen bis zum 21. Juni eingereicht werden.

Das Kollaborativ From Where I Stand gründete sich 2016 an der Leuphana Universität Lüneburg. Seitdem diskutieren, sprechen und schreiben Oona Lochner und Isabel Mehl gemeinsam über die gegenwärtigen Bedingungen und Möglichkeiten eines feministischen Schreibens anlässlich der Kunst in und außerhalb akademischer Kontexte. In unseren individuellen Arbeiten und im Dialog miteinander suchen wir nach Schreibweisen, die Vorstellungen einer urteilenden Kritik, eines autonomen Subjekts und stummen Objekts, zurückweisen – zugunsten einer situierten, verstrickten Kritik, eines Schreibens mit und durch den Gegenstand. Als From Where I Stand veranstalten wir Workshops, halten Vorträge und geben Schreibworkshops in unterschiedlichen insitutionellen Kontexten, darunter bisher z.B. Feminist Art History Conference Washington, Kunsthaus Flarus, Fernuniversität Hagen oder Vierte Welt Berlin.