Anne Küper, M.A.

Universitätsstr. 105
44789 Bochum
Raum: UNI 105, 3/28

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E-Mail: anne.kueper@ruhr-uni-bochum.de

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Titel der Dissertation

Intimate Encounters: Dokumente der Nähe und Mimesis aus der Begegnung mit Chatbots und Conversational User Interfaces (AT)

Projektbeschreibung

Seit den 1960ern, als Joseph Weizenbaum das Computerprogramm ELIZA auf Basis von George Bernard Shaws Drama Pygmalion (1913) als Parodie einer virtuellen Gesprächstherapie entwickelte, sind Chatbots und digitale Assistent*innen, sogenannte Conversational User Interfaces (CUI), in den zeitgenössischen digitalen Kulturen allgegenwärtig. Ausgehend von der Nutzung solcher Konversationsbedienoberflächen u.a. im Online Shopping, Customer Service, Dating und in therapeutischen Kontexten fragt das Dissertationsvorhaben danach, inwiefern durch die künstlich intelligente Kommunikation Veränderungen betreffend der Relationen zwischen Menschen, Medien und Maschinen vorliegen, und sich dahingehend Konzepte von Intimität reformulieren.

Das Projekt geht von der Beobachtung aus, dass die Wirtschaft im 21. Jahrhundert nicht mehr bloß einer von vielen Momenten des gesellschaftlichen Lebens ist, sondern sie geläufige Praktiken des Wissens, Fühlens, Produzierens und Konsumierens sowie die Subjekte selbst zersetzt (Illousz). Unternehmen haben ein reges Interesse daran entwickelt, Kund*innen an sich zu binden und Eindrücke von Intimität herzustellen. Bemerkenswert ist jedoch, dass sie diesem Interesse in den letzten Jahren vermehrt über den systematischen Einsatz von textbasierten Dialogsystemen nachgehen, der simpelsten Form des Natural Language Processing. Das Dissertationsvorhaben erforscht, ob aus dem massenhaften Gebrauch möglicherweise neue Praktiken von Annäherung, Vertrauen und Distanznahme hervorgehen, in denen sich eine Kultur der Inszenierung – oder auch Kultur als Inszenierung (Fischer-Lichte) – zeigt.

Es mangelt nicht an Analysen von Verwendungen des Affektiven in der Jetztzeit; das geplante Projekt allerdings will (1) Intimität und ihr situativ-dialogisches Moment ins Zentrum der Betrachtung stellen, (2) Intimität als performative Praxis verstehen, die maßgeblich Konstellationen zwischen menschlichen und mehr-als-menschlichen Akteuren im Postfordismus konfiguriert, und (3) Intimität in einen Zusammenhang mit dem Projekt einer intimen Ästhetik stellen, wie es Marianne Streisand in ihren Studien zur Begriffsgeschichte aus dem Jahr 2001 vorschlägt, d.h. Intimität als Frage theatraler Darstellung begreifen, die sowohl das Verständnis eines angemessenen (Sprach-)Handelns voraussetzt als auch spezifische Texte und Spielweisen hervorbringt.

Das Dissertationsvorhaben nimmt dies insofern in den Blick, als es zeitgenössische Verwendungen solcher kommunikativen, beziehungsstiftenden Codes ausgehend vom Chatbot als exzessivstem Textproduzenten der Gegenwart untersucht und die Dokumente eben jener Interaktionen im geteilten Schrift-, Handlungs- und Bühnenraum des Chats in einen wissenschaftlichen Diskurs überführt. Das dialogische Moment dieser Intimate Encounters mitsamt der ihnen inhärenten Prozesse des Sich-Ähnlich-Machens und Ähnlich-Werdens betont zum einen die Beteiligung mehr-als-menschlicher Akteure an der Theoriebildung; zum anderen macht es zugleich die Forscherin selbst sichtbar, die als Fragende, Antwortende, Schreibende, Lesende, Rätselnde und Erkennende im Material auftritt, in das sie sich einschreibt oder von außen hineingelesen wird, und das eventuell erst dadurch den Status des Dokuments erhält.

Wissenschaftlicher Werdegang

  • Seit 10/2022: Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Promotion) am DFG-Graduiertenkolleg 2132 „Das Dokumentarische. Exzess und Entzug“, Ruhr-Universität Bochum.
  • 03/2022 – 09/2022: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Abteilung Medien, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 2019 – 2021: Unterstützung des Dissertationsprojekts De-Montage im zeitgenössischen Theater: Ein dramaturgisches Verfahren im Spannungsfeld von Widerstand und Affirmation von Dr. Ekaterina Trachsel als Hilfskraft, Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Abteilung Theater, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 10/2018 – 02/2022: Masterstudium „Inszenierung der Künste und der Medien“, Stiftung Universität Hildesheim (Abschluss mit Auszeichnung).
  • 06/2017 – 02/2022: Hilfskraft mit Lehrtätigkeit bei Dr. Ekaterina Trachsel und Julia Kerk am Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Abteilung Theater, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 04/2017 – 07/2017: Hilfskraft mit Lehrtätigkeit bei Tim Staffel am Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Abteilung Theater, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 10/2014 – 02/2019: Bachelorstudium „Szenische Künste“, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 10/2013 – 09/2014: Bachelorstudium „Theaterwissenschaft“ und „Philosophie“, Ruhr-Universität Bochum.

Stipendien und Förderungen

  • 11/2021 – 07/2022: Teilnahme am ProKarriere-Mentoring-Programm (Mentoring durch Dr. Vera Tollmann), Stiftung Universität Hildesheim.
  • 10/2019 – 03/2021: Deutschlandstipendium, Stiftung Universität Hildesheim.
  • 10/2017 – 09/2018: Stipendiatin des Minerva-Kollegs, Stiftung Universität Hildesheim.

Mitgliedschaften und ehrenamtliche Tätigkeiten

Jurytätigkeiten und Beratung

  • Jurymitglied Dresdner Kurzfilmpreis des Verbands der deutschen Filmkritik 2023.
  • Jurymitglied Friedensfilmpreis Osnabrück 2022.
  • Beratung für das Film- und Debattenprogramm der Woche der Kritik, Berlin, seit 2022.
  • Mitglied der Spielfilm-Jury für den Preis der deutschen Filmkritik 2020.

Publikationen (Auswahl)

Redaktion

Aufsätze

  • „Katharina“, in: Stefanie Diekmann, Dennis Göttel (Hg.): Nebenfiguren. Berlin: Theater der Zeit 2024 (in Vorbereitung).
  • „Not Safe for Work. Im Büro mit der Sekretärin von Joseph Weizenbaum“, in: Lisa Hoffmann, Jule von Hertell, Yvonne Sobotka, Olivia Poppe (Hg.): ffk Journal, Heft Nr. 9. Hamburg: Avinus 2024 (in Vorbereitung). 
  • „Zeigen, zerlegen, zuneigen, zerstören. Playgrounding als Methode der Entfremdung“ (mit Anna Krauß und GPT-3.5), in: Jamila Arenz, Veronika Darian, Jessica Hölzl (Hg.): Re:Vers. Praktiken gegenwärtiger Fremdheitsforschung. Leipzig 2024 (in Vorbereitung). 

Katalogbeiträge (Auswahl)

  • „In Fenstern denken“, in: Im Geradeaus verlaufen. 47. Duisburger Filmwoche, Duisburg 2023 (in Vorbereitung).  
  • Texte für das Programmbuch des 23. Japanischen Filmfestivals Nippon Connection. Frankfurt am Main: Nippon Connection e.V. 2023. 
  • Texte für das Programmbuch des 71. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg. Mannheim: IFFMH 2022.
  • „(I)“, „(II)“, „(III)“, „(IV)“, „(V)“, in: Simiao Yu (Hg.): Snakes and Ladders and Snakes. Katalog zur Ausstellung Meisterschüler*innen 2021, Kooperation der Hochschule für Bildende Kunst Braunschweig und der Hannover Rück. Hannover: Hannover Rück SE 2021, o. S.
  • Texte für das Programmbuch des 70. Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg. Mannheim: IFFMH 2021.

Rezensionen, Essays, kleinere Beiträge (Auswahl)

Vorträge

  • „BBFF: Best Bot Friends Forever“, 18. Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 27.09.2023.
  • „Availability and Loss: The Chatbot as a Performer of Intimate Labour“, Konferenz „Cyborg Workers: The Past, Present and Future of Automated Labour“, Universität Aarhus, Dänemark, 15.06.2023.  
  • „Staying with the Secretary. Vorschlag für eine Geschichte intimer Begegnungen mit Chatbots“, 36. Film- und Medienwissenschaftliches Kolloquium, Paris-Lodron-Universität/Universität Mozarteum Salzburg, Österreich, 30.03.2023.
  • „Sharing is caring. Über Strategien des Teilens im intermedialen Buchprojekt Take Care of Yourself von Sophie Calle“, Öffentliche Studientage des Masterstudiengangs „Inszenierung der Künste und der Medien“, Stiftung Universität Hildesheim, 09.07.2020 (online).
  • „Das Eindringende der Geste. Notizen zu einer brieflichen Korrespondenz mit Herrn Schulz von der Techniker Krankenkasse“, Öffentliche Studientage des Masterstudiengangs „Inszenierung der Künste und der Medien“, Stiftung Universität Hildesheim, 03.07.2019.

Gespräche, Podien, Moderationen

Gespräche und Podien

  • Panel „ELIZAs Erb*innen. Geschichten und Interpretationen des womöglich ersten Chatbots“ mit Jana Hecktor, Nathalie Schäfer und Magnus Rust, 18. Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 27.09.2023.
  • Gespräch „KI – Über Cyborgs, Chatbots und Chthuluzän“ mit Till Bödeker, moderiert von Kati Masami Menze und Marlene Helling, Veranstaltungsreihe „space|lab is running 23 – ein Thema, zwei Perspektiven“, space|lab, Essen, 05.04.2023.
  • Podiumsgespräch „So what was that? Zuschauende im Gespräch“ mit Joelle Burrichter und Tim Steinheimer, moderiert von Nora Strömer und Till Wiebel, transeuropa fluid – European Festival for Performing Arts, Salon im Langen Garten, Hildesheim, 27.05.2018. 
  • Podiumsgespräch „Kunst und Populismus“ mit Prof. Dr. Annemarie Matzke, Prof. Dr. David Salomon und Daphne Weber, moderiert von Tobias Gralke, Diskursfestival State of the Art 9, Center for World Music, Hildesheim, 20.10.2017.

Moderationen

  • Sektionsmoderation und Respondenz, Tagung „Nebenfiguren“, Stiftung Universität Hildesheim, 29.10.2022.
  • Moderation von Filmgesprächen, Diagonale – Festival des österreichischen Films 2022, Graz, Österreich, 05.-10.04.2022.
  • Moderation des Artist Talk „Performing (un-)certainty“ über Unsicherheit als künstlerische und feministische Strategie auf der Bühne mit STERNA | PAU (Maren Becker, Laura Pföhler, Jolanda Uhlig), szene machen!-Festival, Theater im Depot, Dortmund, 28.08.2021.
  • Moderation von Filmgesprächen, Diagonale – Festival des österreichischen Films 2021, Graz, Österreich, 08.-13.07.2021.
  • Moderation der Livestream-Let’s Play-Late-Night-Game-Show „Talking and Gaming“ mit Tim Steinheimer, Gäste: Daria Koehler und Cristiana Pinto Ribeiro, Diskursfestival State of the Art 12, Kulturfabrik Löseke, Hildesheim, 23.10.2020 (online).
  • Interview mit Candy Flip zum Film Die traurigen Mädchen aus den Bergen (DE 2019, Regie: Candy Flip/Theo Meow), dem Pornokollektiv Meow Meow und dem Verhältnis von Sexarbeit und Filmfinanzierung, Seminar „QFF – Das Quarantäne-Film-Festival“ von Jan Künemund, Stiftung Universität Hildesheim, 15.06.2020 (online).
  • Gesprächsanstiftung und Festivalbegleitung mit der Geheimen Dramaturgischen Gesellschaft, 35. Bundeswettbewerb Schultheater der Länder 2019, Festivalzentrum am Steintor-Varieté, Halle an der Saale, 22.-28.09.2019. 
  • Moderation des Artist Talk über Melancholiekonzepte bei Walter Benjamin und Justin Bieber mit Ernestyna Orlowska und Tanja Turpeinen, Warm-Up-Veranstaltungsreihe „Gleis 5“ des transeuropa fluid – European Festival for Performing Arts in Kooperation mit der Kulturfabrik Löseke, Kulturfabrik Löseke, Hildesheim, 15.01.2018.

Lehrveranstaltungen und Workshops

Institut für Medien, Theater und Populäre Kultur, Stiftung Universität Hildesheim

  • Projektseminare: „Den Zeitsprung filmen: Rückblicke“, Sommersemester 2022; „Große Erwartungen, große Einlassungen, große Enttäuschungen“ mit Julia Kerk und Constanze Böhm, Sommersemester 2021; „Woodstock, Vietnam“ mit Tim Staffel, Sommersemester 2017.
  • Seminar und Übung „Hart am Wind 2020“ mit Prof. Dr. Andreas Wolfsteiner, Leitung der digitalen Exkursion zum Hart am Wind – Norddeutsches Theaterfestival für junges Publikum in Kooperation mit dem Institut für Theaterpädagogik (Campus Lingen) der Hochschule Osnabrück, Sommersemester 2020 (online).
  • Übungen: „SHOW-MUTATIONEN“ mit Tim Steinheimer, Wintersemester 2021/22; „TheaterZentrale: Grundlagen des szenischen Arbeitens“, Sommersemester 2019; „TheaterZentrale: Einführung in das szenische Spiel“ mit Julia Kerk, Wintersemester 2018/19.
  • Workshop „Starting Point Theater“ mit Julia Kerk, Wintersemester 2020.
  • Gastbesuch im Seminar „Schreiben über Film: Berlinale 2022“ von Prof. Dr. Stefanie Diekmann, Wintersemester 2021/22.

Weitere

Veranstaltungsorganisation

  • Arbeitsgruppe mit gleichnamiger Workshopreihe „Situiertes Forschen und Schreiben“ mit Rose Beermann, Katharina Menschick, Paulena Müller, Hannah Schmedes und Amelie Wedel, Gäste: Prof. Dr. Kathrin Busch, Dr. Isabel Mehl, Oona Lochner, Ruhr-Universität Bochum, seit Sommersemester 2023 (laufend).
  • Vorführung des Films Heimat ist ein Raum aus Zeit (DE/AT 2019, Regie: Thomas Heise) in Kooperation mit dem Filmclub Filmbande4000 e.V., Stiftung Universität Hildesheim, Audimax, 27.04.2022.
  • Solidaritätsdemonstration mit Kundgebung anlässlich der drohenden Schließung des Theaterhaus Hildesheim mit Carina Kluge und Jasmin Keller, Beiträge u.a. von Fräulein Wunder AG und VOLL:MILCH, Hildesheim, 20.10.2020 (Berichterstattung auf nachtkritik.de und in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung).
  • Diskursive Filmreihe „Sextion 6: Rütteln und Schütteln“ mit Joelle Burrichter und Hannes Siebert, Gäste: Candy Flip, Gitte Schmitz, Bartholomew Sammut und Merle Groneweg, Seminar „QFF – Das Quarantäne-Film-Festival“ von Jan Künemund, Stiftung Universität Hildesheim, Sommersemester 2020 (online). 

Künstlerische Praxis

Anne Küper ist freiberuflich als Regisseurin, Dramaturgin, Autorin und Performerin tätig. In verschiedenen Konstellationen produziert sie Arbeiten zwischen Theater, Performance und Gaming im Stadttheater und in der Freien Szene, beispielsweise mit Hanni&Anni (mit Hannah Brown), taft. (mit Thilo Grawe, Friederike Hänsel, Jasmin Keller, Antonia Rehfueß) und dem Medienkollektiv The Showmasters. Inszenierungen, an denen sie beteiligt war, wurden bislang am Schauspiel Hannover, Theater im Pavillon Hannover, Theater Bremen, Schauspielhaus Bochum, Landungsbrücken Frankfurt, LOT-Theater Braunschweig und Theaterhaus Hildesheim gezeigt sowie zu Festivals wie dem Körber Studio Junge Regie 2019 (Hamburg), Games&Festival 2020 (Nürnberg), flausen+BANDEN!-Festival performativer Künste 2021 (Oldenburg), Internationales Performing Arts Festival OUTNOW! 2023 (Bremen) und ARENA – Festival der jungen Künste 2023 (Erlangen) eingeladen. Für ihre Projekte hat sie kontinuierlich erfolgreich Fördergelder eingeworben. 

Preise und Auszeichnungen

  • 2023: Preis der Bürgerstiftung Hildesheim für all the moves we make in the dark von Hanni&Anni. 
  • 2021: Auszeichnung als „Kultur- und Kreativpilot*innen“ von The Showmasters im Auftrag der Deutschen Bundesregierung.
  • 2019: Deutscher Multimediapreis für Let’s Play Showmasters von The Showmasters.